Schon mehrfach wurde der Weiterbildungsatlas veröffentlicht. In diesem Jahr wurden jedoch nicht nur die Bundesländer, sondern auch die Raumordnungsregionen untersucht. Und gerade bei diesen zeigen sich große Unterschiede. Für Würzburg besonders erfreulich der erste Platz bundesweit. Ein Text von Christine Stricker.
Lebenslanges Lernen ist eine Grundvoraussetzung für beruflichen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe. Weiterbildung hilft uns, mit wachsenden Anforderungen im Alltag und der Arbeitswelt Schritt zu halten. Doch wie hoch ist die Teilnahme an den Weiterbildungsmaßnahmen und wie gut nutzen Bundesländer und besonders einzelne Regionen ihr vorhandenes Potenzial? Diese Fragen beantwortet der im September erschienene Weiterbildungsatlas, der von der Bertelsmann Stiftung und dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) veröffentlicht wird. Verglichen wurden die Teilnahmequote, die Potenzialausnutzung und das Weiterbildungsangebot auf Bundesebene und erstmalig auch auf Ebene der 96 Raumordnungsregionen. Die Datengrundlage dafür bildet der jährliche Mikrozensus zwischen den Jahren 2007 bis 2012.
Weiterbildungsatlas: Würzburg Klassenbester
Im Bereich der Weiterbildungsteilnahme ist die Raumordnungsregion Würzburg „Klassenbester“ mit einer Quote von 18,73 Prozent und übersteigt somit deutlich den Bundesdurchschnitt, der bei 13,52 Prozent liegt. Auch der direkte Nachbar, die Region Main-Rhön, konnte den Durchschnitt übertreffen und befindet sich mit 14,06 Prozent im guten Mittelfeld. Das gute Abschneiden kann vor allem durch die starke wirtschaftliche Situation der Regionen erklärt werden. Die Faktoren Bruttowertschöpfung, Heterogenität der Regionen, Erreichbarkeit der Weiterbildungsmaßnahmen, Kooperation der relevanten Akteure und eine unabhängige Beratung sind ausschlaggebend für die Teilnahmequoten. Im Vergleich der Bundesländer finden sich nur geringe Abweichungen vom Durchschnitt, was ein Indikator dafür ist, dass sich regionale Unterschiede ausgleichen.
Doch der Deutsche Weiterbildungsatlas zeigt auch, dass in einigen Bundesländern und Regionen vorhandene Potenziale ungenutzt bleiben. Die Potenzialausnutzung gibt Auskunft, wie weit die tatsächliche von der erwarteten Teilnahmequote abweicht. Dabei bleiben 17 Raumordnungsregionen hinter den Erwartungen zurück. Die Erwartungswerte werden auf Basis der Sozial-, Wirtschafts- und Infrastruktur ermittelt, damit diese für die einzelnen Regionen vergleichbar werden. Mit 127,23 Prozent übertrifft Würzburg die Erwartungen und ist hier einer der Spitzenreiter im bundesweiten Vergleich.
Bildungsungerechtigkeit auch in der Weiterbildung
Ein weiterer Trend der im Weiterbildungsatlas zu erkennen ist, gibt Anlass zu Sorge: Geringqualifizierte sind im Bereich der Weiterbildung vielfach abgehängt. Diese Gruppe besteht aus Personen im erwerbsfähigen Alter, also von 25 bis 54 Jahren, die weder eine Ausbildung noch ein Studium absolviert haben. Doch genau diese Personen besitzen vielfach großes Potenzial und spielen in Zeiten des demografischen Wandels eine besondere Rolle. Hier zeigt sich der größte Handlungsbedarf, da sowohl die Teilnahmequoten, als auch die Potenzialausnutzung in einigen Regionen um ein vielfaches unter den der Höherqualifizierten liegen. Einige wenige Ausnahmen zeigen jedoch, dass es auch anders geht. Allen voran die Region Main-Rhön, die mit einer Teilnahmequote bei Geringqualifizierten in Höhe von 9,78 Prozent eine absolute Vorzeigefunktion besitzt (mittlere Teilnahmequote 6,65 Prozent). Doch auch Würzburg muss sich nicht verstecken mit einer Quote von 7,79 Prozent.
Hohe Teilnahmequoten
Beide Raumordnungsregionen zeichnen sich durch eine hohe Zahl von Weiterbildungsangeboten aus. Diese werden in die drei Bereiche öffentliche, privatwirtschaftliche und betriebliche Weiterbildung unterteilt. Ein hohes Angebot ist oft Indikator für hohe Teilnahmequoten. Diese Korrelation wird an einem Beispiel deutlich: erweitert eine Volkshochschule ihr Angebot um einen Kurs pro Jahr und 1.000 Einwohner, so steigt die Teilnahmequote ceteris paribus um 0,4 Prozent. Doch nicht nur im öffentlichen Sektor ergeben sich diese Steigerungen. Auch das privatwirtschaftliche Angebot führt bei einer analogen Ausweitung zu einer Erhöhung von 0,6 Prozent.
Diese Auswirkungen sind beachtlich und sollten für die zukünftige Entwicklung der Zahlen nicht außer Acht gelassen werden. In Würzburg nimmt man sich diese Beobachtungen zu Herzen: die Unternehmer in Mainfranken setzen auf eigene Bildungsangebote und auf die Angebote der Bildungsinstitutionen.
Christine Stricker
Die Region Würzburg macht also anscheinend einiges richtig in Sachen Weiterbildung. Leider konnte ich bisher aus den Veröffentlichungen – sowohl der Kurz-, wie auch der Langversion des Weiterbildungsatlas’ – nicht herausarbeiten, was in unserer Region besonders gut funktioniert. Die gute Erreichbarkeit der Angebote gibt sicher nicht den Ausschlag. Die dürfte noch in einigen anderen Regionen mindestens genauso gut sein. Ist es die gute Kooperation der Akteure oder die gute Beratung? Wer genau sind die Akteure? Und wer berät alles in unserer Region?
Ich hoffe, diese Fragen in nächster Zeit noch klären zu können; oder mich zumindest einer Antwort anzunähern.
Peter J. Schmitt
Links zu den Veröffentlichungen
Kurzversion des Weiterbildungsatlas’
Langversion des Weiterbildungsatlas’
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